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31. Juli 2023

Anwendungen und Darreichungsformen von medizinischem Cannabis


Welche Darreichungsformen gibt es?

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Fertigarzneimitteln und Rezepturarzneimitteln. Fertigarzneimittel werden nicht in der Apotheke durch Apotheker und Apothekerinnen selbst, sondern von pharmazeutischen Unternehmen hergestellt. Sie werden für eine bestimmte Indikation, also ein bestimmtes Anwendungsgebiet, angefertigt und besitzen eine behördliche Genehmigung. Anhand umfangreicher Studien wurden Wirksamkeit und Unbedenklichkeit geprüft und eine angemessene pharmazeutische Qualität sichergestellt. Besonders hervorzuheben sei hier, dass Fertigarzneimittel Phase-III-Studien, also klinische Studien,durchlaufen haben, in denen insbesondere die Wirksamkeit, potenzielle Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten an einem größeren Patientenkollektiv geprüft wurden. Wird ein Medikament außerhalb seiner genehmigten Indikation angewendet, spricht man von einem Off-Label-Use.

Rezepturarzneimittel besitzen keine Zulassung und werden Patientenindividuell nach Anweisung eines Arztes oder einer Ärztin von der Apotheke hergestellt. Dabei werden einzelne Wirkstoffe oder Extrakte bezogen und zu verschiedenen Rezepturen verarbeitet. Es ist auch eine unverarbeitete Abgabe nach ärztlicher Verordnung möglich.

Welche Fertigarzneimittel im Bereich medizinisches Cannabis gibt es in Deutschland?

Canemes 1mg Kapseln: Canemes wurde für die Behandlung Chemotherapie- assoziierter Übelkeit und Erbrechen zugelassen und ist indiziert bei KrebspatientInnen, welche auf andere antiemetische Behandlungen nicht ausreichend ansprechen. Canemes Kapseln enthalten 1,0mg Nabilon (synthetisches Cannabinoid) pro Kapsel.

Epidyolex 100mg/ml Lösung zum Einnehmen: Epidyolex wurde als Zusatztherapie für die Behandlung spezieller kindlicher Epilepsien (Lennox-Gestaux-Syndrom (LGS), Dravet-Syndrom (DS)) für PatientInnen ab 2 Jahren in Verbindung mit dem Antiepileptikum Clobazam angewendet. Außerdem wurde es zugelassen als Zusatztherapie für Krampfanfälle bei Tuberöser Sklerose (TSC) bei PatientInnen ab 2 Jahren. 1ml Lösung enthalten 100mg Cannabidiol (CBD).

Sativex 27mg/25mg Mundspray: Sativex wird zur symptomatischen Therapie bei mittelschweren bis schweren Muskelverkrampfungen (Spastiken) bei Erwachsenen mit Multipler Sklerose (MS) angewendet, wenn andere anti-spastische Behandlungsmethoden nicht adäquat ansprechen. Ein Sprühstoß enthält 2,7mg Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) und 2,5 mg Cannabidiol (CBD).

Welche Rezepturarzneimittel unterscheidet man bei medizinischem Cannabis?

Cannabidiol-Rezepturen nach NRF: Cannabidiol (CBD) ist das nicht-psychoaktive Cannabinoid der Hanfpflanze und kann entweder als ölige Cannabidiol-Lösung (NRF 22.10) oder in Form von Cannabidiol-Kapseln (NRF 22.17) hergestellt werden. Bei diesen CBD-haltigen Rezepturarzneimitteln handelt es sich um rezeptpflichtige und hochdosierte CBD-Öle, welche nicht vergleichbar sind mit freiverkäuflichen CBD-Ölen aus Drogeriemärkten & Co. Mögliche Einsatzgebiete sind unter anderem Schlafstörungen, Unruhe- und Anspannungszustände, Angststörungen, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, neuropathische Schmerzen, Multiple Sklerose oder Epilepsie. Üblicherweise werden Cannabidiol-Öle mit 50/100/200 oder mehr mg CBD pro ml hergestellt. Bei Kapseln werden üblicherweise 10mg bis 250mg CBD pro Kapsel angefertigt.

Dronabinol-Rezepturen nach NRF: Dronabinol ist der internationale Freihandelsname für THC, der chemischen Verbindung Δ9-trans-Tetrahydrocannabinol. Man unterscheidet bei Dronabinol-Rezepturen zwischen ethanolhaltigen Dronabinol-Lösungen (NRF 22.16), welche per Verdampfer inhaliert werden und öligen Zubereitungen in Form von Tropfen (NRF 22.8) oder Kapseln (NRF 22.7). Es können beispielsweise 2,5/5/10mg Kapseln und 25mg/ml Tropfen hergestellt werden. Dronabinol-Rezepturen werden unter anderem bei Übelkeit und Erbrechen als Antiemetikum eingesetzt, bei Kachexie zur Appetitsteigerung, bei neuropathischen und anderen chronischen Schmerzzuständen, wenn andere Therapien nicht ausreichend wirksam oder kontraindiziert sind.

Cannabisblüten: Es gibt inzwischen über 100 verschiedene Cannabisblüten, welche aus Deutschland kommen oder aus Ländern wie zum Beispiel Kanada, Niederlande, Spanien, Portugal, Dänemark oder Südafrika importiert werden. Man unterscheidet zwischen CBD-Blüten, THC-/CBD-Blüten sowie THC-Blüten. Diese unterscheiden sich sowohl im CBD-, als auch im THC-Gehalt und können jeweils in Sativa-dominante, Indica-dominante und Hybride Cannabisblüten unterteilt werden. Neben THC und CBD, den beiden wichtigsten Cannabinoiden, enthalten Cannabisblüten viele weitere Inhaltsstoffe wie Terpene und Flavonoide, welche ihrerseits vielfache therapeutisch nutzbare Eigenschaften aufweisen.

"Welche Cannabisblüte ist für mich die richtige?" Diese Frage sollte im Idealfall von einem fachlich geschulten Arzt/einer fachlich geschulten Ärztin getroffen werden, welche/r sich zu Beginn jeder Behandlung ausreichend Zeit für ein umfangreiches Anamnesegespräch nehmen sollte.

Cannabisblüten werden überwiegend per Inhalation mittels medizinischer Verdampfer (Vaporizer) eingenommen. Das Rauchen ist aus medizinischer Sicht nicht zu empfehlen. Auch eine Weiterverarbeitung bei sich zuhause beispielsweise zu Tee, Gebäck oder ähnlichem ist aus pharmazeutischer und medizinischer Sicht nicht zu empfehlen.

Cannabisextrakte: Bei Cannabisextrakten handelt es sich im Vergleich zu Cannabidiol- und Dronabinol-NRF-Rezepturen, welche CBD und THC als Reinstoffe enthalten, um Vollspektrumextrakte. Diese werden aus der gesamten Cannabisblüte hergestellt und enthalten neben THC und CBD folglich auch andere Cannabinoide und Terpene.

Welche Cannabisextrakte gibt es und wie werden sie korrekt angewendet?

Über unterschiedliche pharmazeutische Herstellungsverfahren können aus Cannabisblüten ölige, wässrige und reine Extrakte hergestellt werden. Es werden so unterschiedliche Cannabisextrakte mit unterschiedlichen genau definierten THC- und CBD-Gehältern gewonnen.

Bei öligen Cannabisextrakten wird aus Cannabisblüten ein harziges Extrakt mittels CO2 bzw. Ethanol extrahiert, welches anschließend in einem Trägeröl gelöst wird. Es gibt inzwischen eine hohe Vielfalt an verschiedenen öligen Cannabisextrakten, welche überwiegend als Tropfen oder mittels Dosierspritze oral eingenommen werden. Auch eine Abfüllung in Kapseln durch Apotheken ist möglich.

Bei reinen Cannabisextrakten wird das gewonnene Harz nicht erneut in einem Trägeröl gelöst und kann somit auch per Verdampfer inhaliert werden. Ob diese Anwendung eine einfachere und präzisere Dosierung zulässt als die Inhalation von Cannabisblüten ist umstritten, da auch das Harz sich nur schwer abwiegen und dosieren lässt. Was es außerdem zu beachten gilt ist, dass Harz genauso wie Cannabisblüten in ihrem Wirkstoffgehalt bis zu 10 % abweichen kann.

Beim Cannaxan-Spray handelt es sich um ein wässriges Cannabisextrakt, welches aus der Cannabisblüte Bedrocan mittels eines patentierten Herstellungsverfahrens gewonnen wird. Es wird als Mundspray sublingual angewendet, dabei enthält 1 Sprühstoß ca. 1mg THC.

Wie werden Cannabisextrakte angewendet?

Bei der Vielfalt an Cannabisextrakten, welche sich sowohl in ihrem Extraktionsverfahren als auch den dazugehörigen Eigenschaften unterscheiden, entsteht eine ganze Bandbreite an möglichen Anwendungsgebieten.

Welches Cannabisextrakt infrage kommt, richtet sich nach den jeweiligen Bedürfnissen des Patienten/der Patientin bedarf einer ärztlichen Abklärung unter Berücksichtigung von Symptomatik, gewünschtem Therapieziel, beabsichtigter Wirkweise, der Wirkdauer, möglichen Kontraindikationen oder der Einnahme anderer Medikamente, um nur ein paar wichtige Einflussfaktoren zu nennen.

Je nach Erkrankungsbild kann auch eine Kombination aus Cannabisblüten und einem Cannabisextrakt sinnvoll sein.

Was unterscheidet die orale Einnahme von einer Einnahme per Inhalation?

Die orale Einnahme:

Bei der Einnahme „per os“ gilt es den verzögerten Wirkungseintritt zu beachten, welche zwischen 30min bis 90min liegen kann. Darüber hinaus sollte man die längere Wirkdauer von ca. 4-8h berücksichtigen. Die maximale Wirkung ist meist nach ca. 3h erreicht.

Die orale Einnahme ist besonders geeignet für den Einsatz als Dauermedikation bei chronischen anhaltenden Schmerzen (z.B. Gelenkschmerzen, Knochenschmerzen, neuropathischen Schmerzen).

Im Weiteren geht man von einem geringeren Missbrauchspotenzial aus, da die Wirkung deutlich langsamer einsetzt, als bei der Inhalation und es keine Wirkungsspitzen gibt.

Ölige Cannabisextrakte können mittels Dosierpipette außerdem recht genau dosiert werden. Das Öl sollte idealerweise direkt unter die Zunge getropft und ein paar Minuten im Mund behalten werden für eine bessere Aufnahme über die Mundschleimhaut. Auch eine kleine fettreiche Mahlzeit wie zum Beispiel ein fetthaltiger Joghurt kann die Bioverfügbarkeit im Körper erhöhen. Aufgrund von genetischer Variabilität vorhandener körpereigener Enzyme unterliegt die Verfügbarkeit der Cannabinoide individuellen Schwankungen.

Inhalative Einnahme:

Um THC und CBD, welche in Cannabisblüten pharmakologisch als inaktive Carboxylsäuren vorliegen, in die aktiven zu überführen, bedarf es Hitze. Die optimale Temperatur eines Verdampfers sollte zwischen 180 bis max. 210°C betragen. Dabei kann sich die Verträglichkeit verbessern, wenn die Temperatur 185-190°C nicht überschreitet.

Die systemische Bioverfügbarkeit ist bei inhalativer Einnahme und Aufnahme direkt über die Lunge höher, da die Verstoffwechselung über die Leber umgangen wird.

Eine inhalative Einnahme empfiehlt sich insbesondere bei Erkrankungsbildern, welche einen schnelleren Wirkungseintritt benötigen wie bspw. bei Migräne und anderen Kopfschmerzarten, schmerzvollen Schüben entzündlicher Darmerkrankungen, Schmerzspitzen bei chronischen Schmerzen und Einschlafstörungen.

Die Wirkung nach Inhalation tritt meist unmittelbar ein und erreicht nach ca. 15-20min ihren Wirkmaximum. Dagegen lässt die Wirkung deutlich schneller nach als bei der oralen Einnahme und klingt in aller Regel nach ca. 2-3h ab.

Cannabisblüten sollten genauso wie andere Arzneimittel gemäß den Angaben und der Verordnung ihres Arztes/ihrer Ärztin eingenommen werden. Es empfiehlt sich neben einem entsprechenden medizinischen Verdampfer, auch eine Feingrammwaage und ein sog. Grinder (Kräutermühle) zuzulegen, um eine sichere Dosierung zu gewährleisten.

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